StartPolitikHilfe für Indien: Als Team die Aufgabe bewältigen

Hilfe für Indien: Als Team die Aufgabe bewältigen

Koblenz (ots) – Einige Sekunden lässt Oberst Jürgen Thym seinen Blick über das beleuchtete Flughafengelände schweifen, bevor er den weißen Bundeswehr-Airbus A350 in der Hitze Neu-Delhis verlässt. Der 61-jährige Stabsoffizier führt das Team des Sanitätsdienstes, das in den kommenden Tagen eine Sauerstofferzeugungsanlage in der Hauptstadt Indiens aufbauen wird.

Ruhe, Erfahrung und Übersicht – Assoziationen wie diese drängen sich auf, wenn man den großen Thym mit seinen grauen Haaren und der weißen FFP-2-Maske zum ersten Mal sieht. Im normalen Dienstalltag arbeitet Thym in der Abteilung „Logistik“ im Kommando Sanitätsdienst in Koblenz. Der Offizier ist seit fast 40 Jahren Soldat, war schon in vielen Auslandseinsätzen, allein davon zwei Jahre in Afghanistan. Jetzt ist Thym mit einem kleinen Team aus Spezialistinnen und Spezialisten des Sanitätsdienstes in Indien, um das Land im Kampf gegen das Coronavirus zu unterstützen.

Herr Oberst, wann erfuhren Sie von Ihrer Aufgabe und was ging Ihnen als erstes durch den Kopf?

Dass ich das Team in Indien führen soll, habe ich rund 48 Stunden vor unserem Abflug erfahren. Meinen Soldatinnen und Soldaten ging es übrigens genauso. „Was genau ist mein Auftrag und wie kann ich Ihn umsetzen?“, war die erste Frage, die mir damals durch den Kopf ging. Dann begannen auch schon die Planungen, obwohl zu dem Zeitpunkt nicht viele Informationen vorlagen und die Lage sich teilweise dynamisch entwickelte. Nur durch die reibungslose Zusammenarbeit aller Dienststellen im Sanitätsdienst war es überhaupt möglich, einen derartigen Einsatz in so kurzer Zeit zu starten. Dies funktionierte vor allen Dingen, weil alle Beteiligten eine Sprache sprechen – vom Anlagenbediener der Sauerstofferzeugungsanlage, über die Planer im Kommando Sanitätsdienstliche Einsatzunterstützung bis zur Fachabteilung Hygiene im Kommando Sanitätsdienst.

Wann hatten Sie dann die Gelegenheit, ihre Männer und Frauen das erste Mal persönlich kennenzulernen?

Wir haben uns knapp 20 Stunden vor dem Abflug alle beim Leitverband, dem Sanitätsregiment 3 in Dornstadt, zum ersten Mal in die Augen gesehen. Ich war überrascht von der Professionalität und der Motivation der Soldatinnen und Soldaten, die – wie ich – eigentlich alles stehen und liegen lassen und ihre Sachen packen mussten. Man darf nicht vergessen, die Frauen und Männer haben Familien, hatten vielleicht Pläne gemacht oder Urlaub geplant. Rund die Hälfte des Teams war zudem schon wenige Wochen vorher im Hilfseinsatz in Portugal. Aber von Anfang an war klar: Wir gehen da gemeinsam hin und wir werden unseren Auftrag erfüllen. Menschen in Not auch unter Gefahr und widrigsten Umstünden zu helfen, ist der Kern unseres sanitätsdienstlichen Selbstverständnisses.

Hatten Sie vor Ihrer Ankunft schon eine Vorstellung von dem was sie erwartet?

Ich war insgesamt zwei Jahre in Afghanistan, davon ein Jahr in Kabul, hatte also schon Armut, Leid und Tod gesehen. Die Zustände in Indien kannte ich zu dem Zeitpunkt ja nur aus den Medien. Erst vor Ort wurde uns das ganze Ausmaß dieser Katastrophe deutlich. Die Realität geht weit über die Vorstellungen hinaus, die die Fernsehbilder vermitteln. Die Hitze, die schmutzige Luft, der Geruch – all das sind Eindrücke, die man erstmal verarbeiten muss.

Was haben Sie Ihrem Team vor dem Abflug mit auf den Weg gegeben?

Das wir genau das sind: Ein Team! Dieser Einsatz wird jeden von uns fordern, körperlich aber auch mental. Bei Erkrankungen können wir uns auf einen Notarzt und einen Notfallsanitäter verlassen, die uns permanent begleiten. Wir dürfen aber auch gerade die psychischen Belastungen nicht außer Acht lassen, müssen aufeinander aufpassen und füreinander da sein. Dann können wir auch unseren Auftrag erfüllen. Genau das habe ich meinen Soldatinnen und Soldaten vor dem Abflug gesagt.

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