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Idlib: 1 Million Menschen zur Flucht gezwungen / Die Staaten müssen sich zum diplomatischen Prozess gegen die Bombardierung bevölkerter Gebiete verpflichten

München (ots) – Da fast eine Million Menschen – hauptsächlich Frauen und Kinder
– gezwungen wurden, vor den Kämpfen und Bombenangriffen in Idlib im Nordwesten
Syriens zu fliehen, fordert die internationale Hilfsorganisation Handicap
International einen sofortigen Waffenstillstand und ein Ende der Bombardierung
von Gebieten, die von Zivilist/-innen bewohnt sind. Alle Staaten müssen sich
voll und ganz dem internationalen diplomatischen Prozess verpflichten, der
darauf abzielt, die Zivilbevölkerung besser vor Explosivwaffeneinsätzen zu
schützen. Unzählige Berichte machen auf die schrecklichen Auswirkungen dieser
wahllosen Angriffe auf die Zivilbevölkerung und die zivile Infrastruktur
aufmerksam. Dies ist die größte Vertreibung von Menschen und eine der größten
humanitären Krisen seit Beginn des Konflikts in Syrien im Jahr 2011.

Eine der schlimmsten humanitären Krisen im neunjährigen syrischen Konflikt

Über 900.000 Menschen sind seit Dezember durch die eskalierende Gewalt in Idlib
vertrieben worden. Die Familien sind in überfüllten Lagern an der Grenze zur
Türkei gestrandet, brauchen Unterkunft, Schutz, Nahrung, Wasser, Hygiene und
Gesundheitsversorgung und müssen sich dem kalten Winter stellen. Viele von ihnen
sind traumatisiert, da sie in den letzten Jahren mehrfach vor militärischen
Auseinandersetzungen flüchten mussten. Dies ist die größte Vertreibung von
Menschen in den neun Jahren des Konflikts.

Die massiven Bombardierungen in den besiedelten Gebieten haben schreckliche
humanitäre Folgen: auseinandergerissene Familien, lebensverändernde
Verletzungen, psychische Traumata, Zwangsumsiedlungen, Zerstörung der
wesentlichen Infrastruktur (Krankenhäuser, Häfen, Brücken usw.) und eine sich
ständig verschärfende Armut.

Idlib: tragisches Beispiel für den Einsatz von Explosivwaffen in besiedelten
Gebieten

Drei Millionen Menschen sind durch Kämpfe und Bombenangriffe gefangen. Fast eine
Million sind bereits geflohen. Nach Homs im Jahr 2012, Aleppo im Jahr 2016, La
Goutha im Jahr 2017, Deraa im Jahr 2018 usw. kommt es immer wieder zum gleichen
Szenario mit massiven und wiederholten Bombenangriffen in besiedelten Gebieten,
die tragische humanitäre Folgen haben. Der intensive Einsatz von Explosivwaffen
in bewohnten Gebieten wiederholt sich in Syrien seit Dezember 2011. Die zivile
Infrastruktur wurde in Mitleidenschaft gezogen, darunter Lager für
Binnenvertriebene, Schulen, Gesundheitszentren und Krankenhäuser. Es wurde
darüber hinaus sogar von vorsätzlichen Angriffen auf Entwicklungshelfer,
medizinisches Personal und ihre Einrichtungen berichtet. Viele
Hilfsorganisationen haben ihre Arbeit eingestellt.

„Die aktuellen Angriffe zielen meist absichtlich auf Zivilist/-innen oder zivile
Infrastrukturen und stellen deshalb eindeutige Verletzungen des humanitären
Völkerrechts dar. Doch auch wenn nicht absichtlich auf die Zivilbevölkerung
gezielt wird, hat die syrische Krise Jahre um Jahre gezeigt, in welch
verheerendem Ausmaß der Einsatz von Explosivwaffen in städtischen Gebieten
Folgen für sie hat. Im Oktober letzten Jahres begann in Wien ein diplomatischer
Prozess, der zu einer politischen Erklärung führt, die momentan verhandelt wird
und noch in diesem Jahr in Dublin verabschiedet werden soll. Die teilnehmenden
Staaten haben die historische Chance, beim Schutz der Zivilbevölkerung vor einer
der Hauptursachen für die humanitären Katastrophen in modernen Konflikten
wirklich etwas zu bewirken: dem Einsatz von Explosivwaffen in besiedelten
Gebieten ein Ende bereiten“, sagt Eva Maria Fischer, Leiterin der politischen
Abteilung bei Handicap International Deutschland.

80% der Syrer unter der Armutsgrenze

Action on Armed Violence (AOAV) berichtet, dass zwischen 2011 und 2019 in Syrien
über 85.000 Menschen durch Explosivwaffen getötet oder verletzt wurden, 85%
davon waren Zivilisten. Bei ihrer Arbeit in Jordanien und im Libanon werden die
HI-Teams Zeuge des Leidens und des Traumas der syrischen Bevölkerung. Eine
Heimkehr ist aufgrund der starken Verseuchung mit Kriegsresten sowie der
zerschlagenen sozialen und wirtschaftlichen Gefüge unmöglich. Da Syriens
grundlegende Infrastruktur und Wirtschaft zerstört sind, leben derzeit 80% der
Syrer unter der Armutsgrenze. In Syrien sind nach Angaben der UNMAS 11,5
Millionen Menschen den Gefahren durch diese Kriegsreste ausgesetzt.

Diplomatischer Prozess gegen Bomben auf Wohngebiete

Handicap International und die Mitglieder des International Network on Explosive
Weapons (INEW) arbeiten mit Regierungen zusammen, um sie zu überzeugen, eine
starke politische Erklärung zur Beendigung des Einsatzes von Explosivwaffen in
besiedelten Gebieten und zur Gewährleistung der Unterstützung der Opfer dieser
Waffen zu verabschieden.

HI ruft außerdem international Bürger/-innen auf, um ihre Parlamentarier/-innen
in sieben Ländern (Belgien, Kanada, Frankreich, Deutschland, Luxemburg, Schweiz
und Vereinigtes Königreich) zu mobilisieren und sicherzustellen, dass sich die
Regierungen für das genannte Ziel einsetzen. Die Bürgerinnen und Bürger sind
eingeladen, ihre Bundestagsabgeordneten auf einer speziellen Internet-Plattform
aufzufordern, die Erklärung gegen den Einsatz von Explosivwaffen in besiedelten
Gebieten zu unterstützen.

Über Handicap International

Handicap International ist eine unabhängige gemeinnützige Organisation. Sie
unterstützt weltweit Menschen mit Behinderung und andere besonders
schutzbedürftige Menschen, um deren Lebensbedingungen zu verbessern. HI hilft
bei Armut und sozialer Ausgrenzung, bei Konflikten und Katastrophen. Die
Grundpfeiler ihrer Arbeit sind Menschlichkeit und Inklusion. Auf
völkerrechtlicher Ebene kämpft die Organisation gegen die Missachtung der
Menschenrechte, den Gebrauch von Landminen und Streubomben sowie Bombenangriffe
auf die Zivilbevölkerung. Handicap International hat die internationale
Koalition gegen Streubomben CMC mitgegründet, gehört bis heute zu ihren
aktivsten Mitgliedsorganisationen und repräsentiert die Kampagne in Deutschland.
HI ist außerdem eines der sechs Gründungsmitglieder der Internationalen Kampagne
zum Verbot von Landminen (ICBL), die 1997 den Friedensnobelpreis erhalten hat.
Handicap International Deutschland ist Mitglied der internationalen Organisation
Humanity & Inclusion (ehem. Handicap International), die die Umsetzung der
Programmarbeit verantwortet.

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Pressekontakt:

Larissa Reith
Referentin Öffentlichkeitsarbeit
presse@deutschland.hi.org
089 54 76 06 29 http://www.handicap-international.de

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/16206/4542814
OTS: Handicap International

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