Hannover (ots) –
„Milch und Milchprodukte passen in eine klimaschonende Ernährung“, sagt Frank Feuerriegel im Interview. Wieso? Das erklärt der Geschäftsführer der Landesvereinigung der Milchwirtschaft Niedersachsen e.V. (LVN) im Faktencheck.
Milchalternativen boomen, die Kuhmilch hat ausgedient – oder?
Das stimmt so nicht. Der Trinkmilchkonsum sinkt, das ist richtig. Konsum und Absatz von Käse und Naturjoghurt hingegen steigen sogar. Mittlerweile konsumieren Deutsche jährlich 25,32 kg Käse pro Jahr, das sind knapp 2 kg mehr als vor 10 Jahren. Wir sollten bei dem „Hype“, der uns oft suggeriert, dass kaum noch jemand tierische Lebensmittel verzehrt, nicht die realen Zahlen aus dem Blick verlieren. Milchprodukte sind nach wie vor sehr gefragt.
Bei der Milchproduktion steht oft der CO2-Fußabdruck in der Kritik. Was können Sie dazu sagen?
Hier werden leider viele Zahlen durcheinandergeworfen. Oft wird der internationale Fußabdruck der weltweiten Milchproduktion herangezogen, ca. 2,4 kg CO2äq/kg Milch (IFEU 2014, FAO 2010). In Deutschland werden derzeit vielfach umfassende Erhebungen zum CO2-Fußabdruck in der Milcherzeugung durchgeführt. Wir können bereits sagen, dass der Fußabdruck hier erheblich geringer ist – wir sprechen von weniger als der Hälfte des weltweiten Durchschnitts. Zudem sind die Methan-Emissionen in der Landwirtschaft zwischen 2000 und 2020 um fast 12 Prozent zurückgegangen (Thünen Report 91), während die Erzeugung von Milch um 17 Prozent gesteigert wurde. Und: Ernährungswissenschaftler empfehlen aktuell, Lebensmittelgruppen nicht auf Basis ihrer CO2-Emissionen bezogen auf Gewicht und Volumen zu vergleichen. Sie schlagen vor, den Beitrag zur Nährstoffversorgung zu berücksichtigen, also die Nährstoffdichte und -verfügbarkeit eines Produktes miteinzubeziehen. Diese Herangehensweise zeigt: Pro Kilogramm Nährstoff hat Kuhmilch im Vergleich zu Soja-, Hafer- und Mandeldrinks eine viel bessere CO2-Bilanz als erwartet.
Wie sieht es mit dem hohen Wasserverbrauch aus?
Es gibt Zahlen, die behaupten, dass 628 Liter Wasser pro Liter Kuhmilch benötigt werden. Das entspricht nicht der Realität. Laut einer Studie der Technischen Universität Berlin werden ca. 100 Liter Wasser pro Liter Kuhmilch benötigt, dies ist ein realistischerer Wert. Selbst wenn die Kühe mit einem großen Anteil an Mais und Soja versorgt würden, kommt man „nur“ auf bis zu 400 Liter Wasser. Zudem sollten wir zwischen grünem und blauem Wasser unterscheiden.
Was ist grünes und blaues Wasser?
Grünes Wasser ist das Regenwasser, welches im Boden gespeichert ist. Als blaues Wasser wird die Menge an Wasser bezeichnet, die zur künstlichen Bewässerung oder zur Herstellung von Produkten benutzt wird. Dieses „blaue Wasser“ wird Bächen, Flüssen, Seen etc. oder dem Grundwasser entnommen und stört das Ökosystem. Entscheidender als die Gesamtliterzahl ist also der Anteil des grünen Wassers. Und dieser ist bei regionalen Milchprodukten sehr hoch.
Und wie sieht es mit dem Flächenverbrauch aus?
Auch hier werden wieder internationale Zahlen verglichen. Für Deutschland trifft dieser Flächenverbrauch nicht zu – eine flächenbezogene Milchviehhaltung vornehmlich in Grünlandregionen, wie es bei uns oft der Fall ist, hat deutlich weniger oder kaum Auswirkungen auf den Flächenverbrauch. Nach Angaben des Thünen-Instituts, das sich mit Forschung und Politikberatung zu ländlichen Räumen, Landwirtschaft, Wald und Fischerei befasst, machen tierische Lebensmittel insgesamt 35 Prozent, pflanzliche Lebensmittel 47 Prozent und Getränke 16 Prozent der Landnutzung gemessen am realen Lebensmittelverzehr aus.
Welche Themen gehen in der Diskussion oft unter?
Wiederkäuer sind Veredler von nicht-essbarer Biomasse. In erster Linie fressen sie Gras, welches hauptsächlich auf Flächen wächst, auf denen ein Anbau anderer Pflanzen nur schwer möglich ist. Außerdem verwerten sie Nebenprodukte wie Biertreber oder Rapsschrot. 1 kg veganes Lebensmittel erzeugt mindestens 4 kg für Menschen nicht essbare Biomasse – die Wiederkäuer können diese wunderbar verwerten.
Ist das schlechte Gewissen beim Konsum von Milchprodukten also übertrieben?
Ich finde es wichtig und richtig, dass wir alle unseren Konsum in jeder Hinsicht hinterfragen. Ich halte das Schwarz-Weiß-Denken jedoch für gefährlich – vor allem, wenn die extremen Zahlen, die medial immer wieder reproduziert werden, nicht der Realität entsprechen. Besonders bei hochkomplexen Themen wie dem Nahrungsmittelanbau sollten wir umso mehr darauf achten, dass wir auf wissenschaftlicher Basis diskutieren. Sowohl die Deutsche Gesellschaft für Ernährung als auch die von Wissenschaftlern der „Eat-Lancet“-Kommission vorgestellte „Planetary Health Diet“, ein Speiseplan für eine ausgewogene und umweltgerechte Ernährung, empfehlen zwei bis drei Portionen Milch bzw. Milchprodukte pro Tag, trotz unterschiedlicher Betrachtungsweise. In Deutschland passen unsere regionale Milch und die regionalen Milchprodukte daher sehr gut in eine klimaschonende Ernährung.
Über DIALOG MILCH
DIALOG MILCH ist eine gemeinsame Initiative der Landesvereinigungen der Milchwirtschaft in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, in deren Rahmen verschiedene einzelne und auch gemeinsame Maßnahmen durchgeführt werden. DIALOG MILCH hat es sich zur Aufgabe gemacht, kritische Fragen rund um die Milchwirtschaft aufzugreifen, selbstreflektiert ins Gespräch mit Verbrauchern und Journalisten zu gehen und die nachhaltigen und zukunftsweisenden Wege, die die Milchbranche bereits eingeschlagen hat, darzustellen.
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