StartPanoramaReuter-Stiftung ehrt Bundespräsidenten und Schauspieler

Reuter-Stiftung ehrt Bundespräsidenten und Schauspieler

Berlin (ots) – Ehrungen ohne Feierstunde für Christian Wulff und Adnan Maral

Bundespräsident a.D. Christian Wulff und der Schauspieler Adnan Maral sind die Preisträger der diesjährigen Stiftungspreise der Helga und Edzard Reuter-Stiftung. Geehrt werden beide gleichermaßen für ihre herausragenden Leistungen im Interesse eines gedeihlichen Zusammenlebens und der Integration von Menschen unterschiedlicher ethnischer, kultureller oder religiöser Herkunft. Die Stiftungspreise sind mit jeweils 15.000 Euro dotiert.

Erstmals in der Geschichte der Helga und Edzard Reuter-Stiftung wurden die Preisträger nicht persönlich geehrt. Im Zeichen der Corona-Pandemie musste die Feierstunde in Berlin ausfallen. Stattdessen hat Stiftungsgründer Edzard Reuter den Preisträgern telefonisch gratuliert und sie im Namen des Kuratoriums zur Auszeichnung beglückwünscht.

Dabei erinnerte Edzard Reuter an den Mut und das Eintreten sowohl der Preisträger als auch weiterer engagierter Menschen gegen „die widerlichen Ausbrüche von Menschenverachtung und den Hass“ in unserer Gesellschaft im vergangenen Jahr. Er bezeichnete die „antidemokratischen Auswüchse von rechts“ als eine „Geißel unserer Zeit“ und lobte alle jene Bürger, die sich nicht entmutigen lassen, dagegen anzutreten.

Mit einer schriftlich verbreiteten Laudatio gewürdigt wurden die Preisträger von der ehemaligen Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Aydan Özoguz, die inzwischen als Bundestagesabgeordnete u.a. im Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe aktiv ist. Die Politikerin betonte, beide Geehrten hätten, jeder auf seine Weise, einen „wirkungsvollen Beitrag für das friedliche, respektvolle Zusammenleben geleistet“.

Mutiger Brückenbauer

Özoguz erinnerte daran, dass Bundespräsident a.D. Christian Wulff konsequent „den gehässigen Stimmen um Einwanderung und Integration entgegengetreten“ sei und sich „unbeeindruckt von tagespolitischen Untergangsszenarien des Abendlandes für ein „inklusives Wir“ eingesetzt habe, „das alle, Zugewanderte und Alteingesessene, einbezieht“.

Wulff habe bereits als Ministerpräsident von Niedersachsen mit Aygül Özkan die erste Ministerin mit türkischen Wurzeln in ein bundesdeutsches Kabinett geholt. Diese Leistung sei noch immer beispielgebend, so die Bundestagesabgeordnete: „Tatsächlich sehen wir bis heute, dass es sich nur wenige zutrauen, auch Menschen mit Einwanderungsgeschichten für hohe politische Ämter vorzuschlagen“. Und dass Christian Wulff mit Johanna Wanka auch als Erster eine ostdeutsche Frau in ein westdeutsches Kabinett geholt habe, sei ein weiteres „Zeichen der Wertschätzung und Ausdruck von Christian Wulffs Selbstverständnis als Brückenbauer“.

In Erinnerung geblieben sei vor allem seine Rede zum 20. Jahrestag der Deutschen Einheit und die Feststellung, dass neben der christlich-jüdischen Tradition Deutschlands inzwischen auch der Islam zu Deutschland gehöre. Die Laudatorin lobte: „Dass Christian Wulff sich entschlossen hat, diesen Satz auszusprechen und bis heute zu verteidigen, zeigt: Der hier zu Ehrende hatte und hat bis heute keine Angst, sich angreifbar zu machen. Und genau das macht ihn in den Augen vieler zu einer ganz besonders mutigen und bewundernswerten Person.“

Wulff: Deutschland muss sich ehrlich machen

In seiner ebenfalls schriftlich verbreiteten Dankesrede erinnerte Bundespräsident a.D. Christian Wulff daran, dass die Verfassung Deutschlands Werte wie die Würde des Menschen in den Mittelpunkt stelle: „Die liberale Demokratie kann nur bestehen, wenn die Rechte derer geschützt werden, die nicht in der Mehrheit sind. Sie kann nicht überleben, ohne den Respekt vor der Würde aller in ihr lebenden Menschen.“ Daraus folgere, so Wulff, dass man die anstehenden Fragen vom islamischen Religionsunterricht an Schulen bis zur Imam-Ausbildung hierzulande regeln solle.

Deutschland müsse sich „ehrlich machen“, forderte der Bundespräsident a.D.: „Wir sollten offensiv verdeutlichen, dass wir gerne in einem Land leben, in dem unterschiedliche Menschen gut und erfolgreich zusammenleben … gleichberechtigt und mit gleicher Würde ausgestattet.“ Diese Vielfalt sei nicht bequem, aber ihr Gegenteil sei Einfalt. „Und wer will schon einfältig sein?“

Botschafter für Deutschland

In ihrer Laudatio auf Adnan Maral, der als Schauspieler durch zahlreiche Kinofilme, aber auch durch die ARD-Vorabendserie „Türkisch für Anfänger“ und die „Tatort“-Krimi-Reihe bekannt geworden ist, verwies Aydan Özoguz auf ihre Abneigung des Wortes „Toleranz“, die sie mit dem Preisträger teile: „Denn das Gefühl, dass etwas ertragen wird, erscheint einem kaum als eine stabile Basis für einen festen Zusammenhalt.“ Der in Frankfurt am Main aufgewachsene Maral sei, so die Laudatorin, ein Vorbild für Menschen, für die es schwierig ist, wie der Preisträger einmal gesagt habe, „authentisch zu leben, wenn man entweder deutsch oder türkisch, ausschließlich Muslim oder Christ sein muss“.

Beim Zusammenleben der Menschen verschiedener Kulturen in Deutschland gehe es nicht um eine Kategorisierung, ob man Ausländer, Migrant oder Einheimischer sei. Es gehe nicht um Migration, zitierte Aydan Özoguz den Preisträger, sondern darum, sagen zu können, dass man mit seiner Geschichte ein Teil Deutschlands sei. In diesem Sinne könne man sich keinen besseren Botschafter für Deutschland vorstellen als Adnan Maral, hob die Politikerin hervor.

Zuhause ist da, wo man lachen und weinen kann

Adnan Maral erinnerte in einem Dankschreiben an die Lebensgeschichte des Stifters Edzard Reuter, der „meine Geschichte andersrum erlebt hat“. So wie Edzard Reuter als Kind auf der Straße Türkisch gelernt habe, habe Maral die deutsche Sprache in der Bundesrepublik auch im Alltag erlernt. Noch immer denke er daran, wie er als Kind türkischer Einwanderer stets bemüht war, in seiner neuen Heimat „alles richtig zu machen“, bis er gemerkt habe, dass er längst als Teil dieser Gesellschaft angekommen sei. Den Wunsch, in der Fremde angenommen zu werden, würden viele Einwanderer teilen. Darum sei es so wichtig, „sich dem Fremden zu öffnen“ – sowohl als Neubürger als auch als Einheimischer, betonte Adnan Maral.

Seine Popularität als Schauspieler habe ihm inzwischen geholfen, sich als „gut integriert“ zu fühlen. Dennoch gab Maral zu bedenken: „Sich zu Hause zu fühlen, ist nicht für jeden Menschen selbstverständlich. Wenn sich jemand nicht zu Hause fühlt, liegt das nicht immer nur an dieser Person selbst. Wir fühlen uns doch da wohl, wo wir Kontakte haben, wo wir uns angenommen fühlen, wo wir lachen und weinen können.“

Über die Helga und Edzard Reuter-Stiftung:

Um das gesellschaftliche Miteinander in Deutschland zu fördern, unterstützt die gemeinnützige Helga und Edzard Reuter-Stiftung Personen und Institutionen, die sich engagieren, um die Integration voranzubringen. Die Preisträger werden vom Kuratorium der Stiftung bestimmt, dem neben dem Ehepaar Reuter derzeit folgende Personen angehören: Prof. Barbara John, Prof. Dr. Dr. h.c. Wolf Lepenies, Prof. Dr. Stephan Scherer, Dr. Ambros Schindler und Prof. Dr. Haci-Halil Uslucan. – Edzard Reuter, Sohn des legendären Berliner Bürgermeisters Ernst Reuter, war Daimler-Benz-Vorstandsvorsitzender. Er ist Ehrenbürger Berlins und wirkt in vielen kulturellen und wissenschaftlichen Förderkreisen und Stiftungen mit.

Pressekontakt:

MedienDienst Schwintowski
Bernd Schwintowski
Tel.: (030 oder 0177) 306 60 60
E-Mail: info@mediendienst.berlin

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/145677/4634107
OTS: Helga und Edzard Reuter-Stiftung

Original-Content von: Helga und Edzard Reuter-Stiftung, übermittelt durch news aktuell